Auffrischbrötchen

Resteverwertung in der Sauerteigbäckerei – Überaus praktisch und zugleich sparsam, ohne größere Qualitätsabstriche im Genuß! In der deutschen Profi-Bäckerei wird fast überall genau so gearbeitet.  Was mir fehlt, ist ein Tool, mit dem ich einfach und sicher selbst Wunsch-Auffrisch-Brötchenrezepte mit meinen Lieblingsmehlen, oder Mehlresten, entwickeln kann. Das besprechen wir heute.

Worauf es ankommt: Das Prinzip

  1. Die Versäuerung. Der verwendete Sauerteig, das ASG dient als Aromageber mit Restaktivität. Beide Komponenten müssen bei der Rezeptplanung einbezogen werden. Als Aromageber ist es wichtig, den direkten Säureeintrag zu berücksichtigen:

    (a) Vollkornsauerteige sindmit ca. 5% zu dosieren, also: 50g ASG/ ausgesäuerter Sauerteig auf 1000g Mehl im Hauptteig halten das Kleingebäck mild, verändern jedoch den Charakter deutlich.
    (b)  Madres oder helle Weizensauerteige dürfen mit ca. 10% höher dosiert werden..
    (c) die Restaktivität einzubeziehen heißt hier: über die Reifezeit entwickelt sich Säure! Der Volumenzuwachs durch den Sauerteig ist hier dagegen zu vernachlässigen. 
  2. Hefemenge und Krumenzartheit: Lange Fermentationszeiten verändern die Textur der Krume. Der zarte, weiche Biss – den man beim Kleingebäck so schätzt- geht bei langen Fermentationszeiten verloren. Deshalb schlage ich hier vor, die Kombi von kurzer Gare und Sauerteigzusatz für den Geschmack und die Krustensplittrigkeit für großartige Brötchen auszuprobieren. 
  3. Die Wahl des Mehls:  bei direkter Führung ohne Gärverzögerung bietet sich ein eher kleberschwächeres, aromatisches Mehl an. Das Tipo 0 Orange ist die große Empfehlung.
  4. der verwendete Sauerteig ist ausgesäuert, er verändert sich im Kühlschrank kaum noch. Seine Aufgabe ist es, dem Gebäck ein bestimmtes Aroma mitzugeben. Dabei hilft auch die zugefügte Hefe. Als Gegenspieler zügelt sie den Sauerteig- deshalb ist es wichtig, die Mengenverhältnisse einzuhalten.

Rezept 

Fermentolyseteig

Alle Zutaten mischen und für 20−30 Minuten abgedeckt quellen lassen.

Hauptteig

  • Fermentolyseteig
  • 20 g Frischhefe 
  • 20 g teilaktives Brötchenmalz
  • 22 g Salz
  • 20 g Butter (oder Olivenöl)
  • Roggenmehl zum Aufarbeiten 

Zubereitung

  • Die Frischhefe und das teilaktive Brötchenmalz zum Fermentolyseteig geben und für 10 Minuten mit langsamer Stufe kneten.
  • Danach das Salz und die Butter zugeben und für 3–5 Minuten mit höherer Stufe auskneten. Teigtemperatur: 22- 24°C; 

Stockgare

Den Teig in einer geölten Schüssel oder Teigwanne bei Raumtemperatur abgedeckt etwa 1h bis zur knappen Verdopplung reifen lassen.

Formen

  • Den Teig auf der bemehlten Arbeitsfläche in 20 Teile mit je etwa 85 g teilen.
  • Die Teiglinge schonend rund wirken und dabei Roggenmehl in den Teigschluss einarbeiten, damit dieser während der Stückgare nicht verklebt. 
  • Danach mit dem Teigschluss nach unten in ein leicht bemehltes Bäckerleinen legen und den Stoff zwischen den Teiglingen etwas hochziehen, damit sich diese in die Höhe entwickeln können.

Stückgare

  • Die Teiglinge abgedeckt bei Raumtemperatur (20−22 °C) etwa 20 Minuten bis zur knappen Gare reifen lassen.
     

Backen

  • Den Backofen rechtzeitig auf 230 °C Ober-/Unterhitze (210 °C Umluft) vorheizen.
  • Die Teiglinge mit dem Teigschluss nach oben auf einem Bogen Backpapier oder Dauerbackfolie auf dem Einschießer verteilen.
  • Anschließend einschießen und sofort schwaden. Insgesamt etwa 20 Minuten backen. 
  • Sofort nach dem Backen für den Glanz  mit etwas Wasser einsprühen

Schellis Urteil

Der kleine Sauerteig-Beitrag ändert den Brötchen-Charakter deutlich. Die Kruste wird röscher und bleibt es auch. Im hier vorgeschlagenen Rezept verwenden wir 5% dunkles Roggen-Anstellgut und 10% Gesamtroggen im Brötchenteig. Das macht die Krume etwas fester, dichter als in hellen, rein hefegeführten Weizenbrötchen. Die Säure ist noch nicht spürbar, jedoch schon ein klareres, weniger liebliches Aromaprofil. Der Charakter kann variiert werden durch die Art des verwendeten Anstellguts/Sauerteigs. Dabei kann man nach Herzenslust spielen- die Vorgaben für gute Brötchen sind jetzt definiert. Mit dem voll ausgesäuerten Sauerteig geht man um, wie mit einem Gewürz. Die Menge muss passen. Gerade bei hellen Brötchen reagiert der Gaumen verstimmt, wenn etwas zu viel Säure im Spiel ist. Hier wird eine kurze Reifezeit bevorzugt- die Krume  dankt es mit weicher Wattigkeit, die über die Langzeitführung verloren geht. 

Unbedingt auf Vorrat arbeiten und portionsweise einfrieren!

Aufbacken: die besten Ergebnisse bekommst Du, wenn die Brötchen vollständig aufgetaut, mit Wasser benetzt bei hoher Temperatur (230°C) für 5 min im Ofen aufgebacken werden und danach noch 10 min ruhen, damit sich auch im Inneren die Retrogradation zurückbildet, also sich Stärke und Wasser wieder verbinden. Für eine softe Krume.